Matrikularbeiträge

Matrikularbeiträge
Matrikularbeiträge,
 
nicht zweckgebundene und aus allgemeinen Haushaltsmitteln bestrittene Überweisungen nachgeordneter an übergeordnete öffentliche Verbände, besonders im Bundesstaat Zahlungen der Gliedstaaten an den Zentralstaat.
 
Die Bezeichnung entstand im Heiligen Römischen Reich, als die 1422 in einem Verzeichnis (Reichsmatrikel) erfassten Truppenkontingente, die von den heerfolgepflichtigen Reichsständen für das im Bedarfsfall zu bildende Reichsheer zu stellen waren, umgerechnet wurden in Geldleistungspflichten, aus denen nunmehr ein Söldnerheer finanziert werden sollte, seit 1522 durch Umrechnung einer ursprünglich für den Romzug des Kaisers aufgestellten Truppenmatrikel mithilfe eines Monatssoldes (Römermonat).
 
Im Norddeutschen Bund von 1867 und im Deutschen Reich von 1871 bildeten nach der Einwohnerzahl bemessene Matrikularbeiträge der Bundesstaaten gemäß der Verfassung neben Verbrauchsteuern und Zöllen eine wesentliche, wenn auch zunächst nur als Ergänzung gedachte Einnahmequelle des Reiches. Versuche O. von Bismarcks, das Reich aus der Rolle des »Kostgängers der Bundesstaaten« zu befreien, blieben erfolglos. Vielmehr musste seit 1879 (»franckensteinsche Klausel«, nach G. A. Franckenstein) ein Teil der Einnahmen aus Zöllen und Tabaksteuer, später auch aus den Stempelabgaben (1881-1904) und der Branntweinsteuer (1887-1904) an die Bundesstaaten überwiesen werden. Diese Überweisungen übertrafen 1884-98 und ab 1912 die Bezüge aus den Matrikularbeiträgen; 1904 wurden die Matrikularbeiträge zur ständigen Einrichtung, zugleich aber beträchtlich reduziert. Den Wegfall der Matrikularbeiträge brachten jedoch erst die Weimarer Reichsverfassung von 1919 und die »erzbergersche Finanzreform« (nach M. Erzberger).
 

Universal-Lexikon. 2012.

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